Braucht die Demokratie Wachstum?

Prof. Werner Patzelt

Dienstag, 12. September 2017

Technische Universität, Radinger Hörsaal, Getreidemarkt 9, 1060 Wien

Es fällt auf, dass lange Zeit gerade demokratische Staaten große Wachstumsraten aufwiesen. In innovativen Wirtschaftsbereichen ist das weiterhin so, auch wenn in manchen demokratischen Staaten die Wirtschaft nur noch wenig wächst. Umgekehrt realisieren auch gut geführte Diktaturen, etwa Singapur und China, erhebliches Wachstum. Es gibt also keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Demokratie und Wachstum.
Allerdings erleichtert Wachstum das Funktionieren von Demokratie sehr. Anhand von Zuwächsen lassen sich Verteilungskonflikte recht gut handhaben. Wachstum schafft eine optimistische Grundstimmung, welche die Reproduktion politischen Vertrauens erleichtert. Und wo die Bevölkerung wächst, etwa durch Zuwanderung, kommt es zu Wohlstandseinbußen durch Umverteilung nur dann nicht, wenn Wirtschaftswachstum für zusätzliche (Sozial-)Staatseinnahmen sorgt. Freilich besteht in einer Demokratie auch Resonanzraum für Wachstumskritiker sowie die Möglichkeit wachstumsbegrenzender Politik. Und vielleicht werden wir eines Tages mehr deren Folgen und Nebenwirkungen als die Ursachen von Wachstum zu untersuchen haben.

Werner Patzelt hat Politikwissenschaft an der Universität München studiert. Danach war er von 1980 bis 1991 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Passau tätig. In diese Zeit fällt auch seine Promotion und Habilitation. Anschließend wechselte er an die Technische Universität Dresden, wo er 1992 als Gründungsprofessor des Instituts für Politikwissenschaft berufen wurde. Seitdem leitet er den Lehrstuhl für Politische Systeme und Systemvergleich. Patzelt tritt als Kommentator aktueller Geschehen in Presse, Hörfunk und Fernsehen auf und hat insbesondere zur Pegida-Bewegung ausführlich Stellung bezogen.

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