Das Skandalon – warum die Rezeption so problematisch ist

Mag.a Elfriede Bonet

Donnerstag, 12. März 2009, Beginn 18:00

Rilkeplatz 2/4, 1040 Wien

Vortragsreihe „Die Evolution und wir“

Teil II: Die Evolutionäre Erkenntnistheorie – das Bild des Menschen

Konrad Lorenz und das Kantische Apriori.

Sowohl Rezeption als auch Kontroverse bezüglich einer ‚evolutionären’ Theorie der ‚Erkenntnis’ nehmen ihren Ausgang von einer Arbeit von Konrad Lorenz aus dem Jahre 1941 mit dem Titel: ‚Kants Lehre vom Apriorischen im Lichte gegenwärtiger Biologie’ (1) . Darin spricht Lorenz „von der in gewissem Sinne ‚aposteriorischen’ Entstehung des ‚Apriorischen’.

Für die Einen war das ein Tor, das sich öffnete und einen neuen Zugang zu Mensch, Tier und Umwelt eröffnete, für die Anderen aber Anlass für Ablehnung und Häme. Anzumerken ist, dass auf beiden ‚Seiten’ Irrtümer vorliegen, sowohl Ansprüche als auch Kritik überzogen sind. Eine Konfrontation ‚Transzendentale’ versus ‚evolutionäre Erkenntnistheorie’ (2) reicht nicht aus, der Bogen muss weiter gespannt werden.

Das beginnt mit dem Begriff ‚Erkenntnis’, der unscharf ist und (daher) oft synonym mit dem Begriff ‚Wissen’ gebraucht wird. Darüber hinaus gibt es in der Tradition unterschiedliche Zugänge, sei es bei Plato, bei Kant oder bei Hegel. Übereinstimmung herrscht dahingehend, dass es jeweils um die Bestimmung der Beziehung von ‚Subjekt’ und ‚Objekt’ geht. Daran ändert sich nichts. Allerdings wird diese Beziehung in einer ‚evolutionären’ Theorie nicht als Problem gesehen, sondern kann aufgeschlüsselt werden.

Das Skandalon besteht darin, dass die ‚evolutionäre’ Theorie von Bereichen ihren Ausgang nimmt, die in diesem Kontext noch nie als ‚wahrheitsfähig’ angesehen wurden: Wahrnehmung und Verhalten. Worauf es ankommt, sind aber nicht die Inhalte, die generiert werden, sondern die Struktur der Wahrnehmungsorgane; zu denen auch morphologische Strukturen zählen. Diese werden als in Übereinstimmung mit der jeweiligen Umwelt entstanden gedacht. Über ‚Wahrheit’ kann hier tatsächlich nicht (mehr) gesprochen werden. Worum es geht, ist ‚Wahrscheinlichkeit’; was unserer ‚Welt’, soweit wir sie kennen, auch wesentlich besser entspricht.

(1) Lorenz, Konrad: Kants Lehre vom Apriorischen im Lichte gegenwärtiger Biologie. In: Konrad Lorenz, Franz M Wuketits (Hrsg.): Die Evolution des Denkens. R. Piper & Co. Verlag, München 1983, S. 95-125.
(2) Lütterfelds, Wilhelm (Hrsg.): Transzendentale oder evolutionäre Erkenntnistheorie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1987.