Die Sicht der Eliten auf ihre Mitmenschen

Prof. Michael Hartmann

Montag, 18. November 2019

Diplomatische Akademie, Favoritenstraße 15A, 1040 Wien

Der Blick der Eliten auf die Bevölkerung ist von zwei zentralen Merkmalen geprägt. Erstens: Die große Mehrheit der Eliten ist in der sozialen Rekrutierung – zwei Drittel stammen aus den oberen vier Prozent der Bevölkerung – wie in der konkreten Lebenssituation soweit von der Realität der breiten Bevölkerung entfernt, dass sie diese nicht mehr angemessen wahrnehmen und beurteilen können. Zweitens: Die Elitemitglieder haben sich durch ihre Herkunft wie durch ihre Position daran gewöhnt, dass die allgemeinen Regeln für sie nur eingeschränkt Gültigkeit besitzen. Kritik an der Sicht der Eliten auf die Bevölkerung muss daher an diesen Punkten ansetzen und nicht an individuellen Charaktermerkmalen der Elitemitglieder wie Freundlichkeit, Arroganz oder Rücksichtslosigkeit. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Elitemitglieder nämlich nicht nennenswert von anderen Teilen der Bevölkerung.

Michael Hartmann ist Professor emeritus der Technischen Universität Darmstadt. Er studierte Soziologie, Politikwissenschaft, Philosophie, Psychologie, Geschichte und Germanistik. Er promovierte und habilitierte sich im Fach Soziologie. Nach verschiedenen Projektarbeiten, Gast- und Vertretungsprofessuren war Hartmann zwischen 1999 und 2014 Professor für Soziologie an der TU Darmstadt. 2002 erhielt er den Thyssen-Preis für den besten sozialwissenschaftlichen Aufsatz des Jahres, 2010 den Thyssen-Preis für den zweitbesten sozialwissenschaftlichen Aufsatz des Jahres und 2008 den Preis der Deutschen Gesellschaft für Soziologie für hervorragende Leistungen bei der öffentlichen Wirksamkeit der Soziologie. Er hält regelmäßig Vorträge, gibt Medieninterviews und absolviert viele Talkshowauftritte. Jüngste Buchveröffentlichungen sind „Die globale Wirtschaftselite. Eine Legende“ (2016) und „Die Abgehobenen. Wie die Eliten die Demokratie gefährden“ (2018).