Geld aus dem Nichts macht nix – auf seine Verwendung kommt es an

Dr. Stephan Schulmeister

Dienstag, 5. Mai 2015

Diplomatische Akademie, Festsaal, Favoritenstraße 15A, 1040 Wien

Der große Vorteil der Kreditgeldschöpfung durch Geschäftsbanken besteht darin, dass sie die Transaktions- und Finanzierungsbedürfnisse von Unternehmen und Haushalten auf dezentraler Ebene flexibel befriedigen können. Insofern „Geld aus dem Nichts“ die Realisierung von Konsum-, Investitions- und Exportplänen ermöglicht, fördert es die Expansion der Realwirtschaft, zumal so die Vorteile dezentraler Informationssammlung und -verarbeitung genützt werden. Allerdings kann Kreditgeld auch zum Zweck der Finanzalchemie aller Art geschöpft werden. Ob die Geldschöpfung eher realwirtschaftliche Aktivitäten ermöglicht oder destabilisierende Finanzspekulation, hängt von den Anreizbedingungen des Gesamtsystems ab. Wenn sich das Profitstreben nur in der Realwirtschaft entfalten kann (wie näherungsweise in der Prosperitätsphase der Nachkriegszeit), dann erweist sich ein Kreditgeldsystem als komplementär und effizient. Es gilt daher, die kapitalistische „Spielanordnung“ durch radikale Einschränkung von Finanzalchemie zu verändern (aber nicht durch ein neues Geldsystem): Rückkehr zu festen Wechselkursen, Staatsfinanzierung durch (transnationale) Agenturen (Europäischer Währungsfonds), Übergang vom Fließhandel zu elektronischen Auktionen auf den (weiterhin offenen) Finanzmärkten. Zentral gesteuerte Geldsysteme wie das „Vollgeld“ weisen hingegen gravierende theoretische und praktische Unzulänglichkeiten auf.

Stephan Schulmeister studierte Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, 1972 bis 2012 war er Mitarbeiter am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), derzeit ist er selbständiger Wirtschaftsforscher sowie Universitätslektor an der Universität Wien und an der Wirtschaftsuniversität Wien. Forschungsschwerpunkte sind Spekulation auf den Finanzmärkten und ihre realwirtschaftlichen Konsequenzen, Einfluss des Zinsniveaus auf Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Staatsverschuldung, Analyse der längerfristigen Entwicklung der Weltwirtschaft.

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